Schluss mit klimaschädlichen Subventionen!

02.04.21 –

Die Bundesregierung verspricht ein ums andere Mal mehr Klimaschutz, bekennt sich zum Pariser Abkommen und befeuert den Klimawandel doch kräftig mit: Umwelt- und klimaschädliche Subventionen sind keine Ausnahme, sondern entsprechen regelmäßig mehr als 15% des Bundeshaushalts. Wir wollen in diesem Text der Frage nachgehen, wie hoch die Ausgaben genau sind und wohin das ganze Geld denn eigentlich fließt.

Wie hoch sind die Subventionen?

Nach Berechnungen des Umweltbundesamts finanzierte der Bund umwelt- und klimaschädliche Verhaltensweisen im Jahr 2012 durch direkte und indirekte Subventionen mit mindestens 57 Milliarden Euro. 53 Milliarden davon hatten direkte Auswirkungen auf das Klima. Dabei stellt der Wert sogar nur eine Untergrenze dar, weil Subventionen durch Länder und Kommunen genauso wenig erfasst werden wie Ausgaben, bei denen der umweltschädliche Anteil nicht genau quantifizierbar ist, wie zum Beispiel bei der Verteilung der EU-Agrarsubventionen.

In einer Untersuchung für das Jahr 2015 kommt der Internationale Währungsfonds dann auf einen Umfang der umweltschädlichen Subventionen von ca. 55 Milliarden US-Dollar, was umgerechnet mehr als 600 Euro pro Kopf entspricht. 2020 hat Greenpeace berechnet, dass schon mit dem Abbau der zehn schmutzigsten Subventionen jedes Jahr bis zu 46 Milliarden Euro und knapp 100 Millionen Tonnen CO₂e eingespart werden könnten. Zum Vergleich: Mit den bisher beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen würde die Bundesregierung ihr Klimaziel für 2030 um 71 Millionen Tonnen verfehlen, diese Lücke ließe sich allein durch den Abbau dieser zehn Subventionen schließen. Und diesen Februar legte Greenpeace mit einem Zeitplan zum schrittweisen Abbau besonders klimaschädlicher Subventionen bis 2030 dann noch einmal nach und zeigte, dass der Verzicht auf diese Subventionen auch sozial gerecht möglich ist.

Dabei ist das noch nicht einmal eine neue Idee: Schon das Kyoto-Protokoll forderte die Abschaffung aller Subventionen, die der Emissionsminderung im Weg stehen. Und auch auf dem G20-Gipfel in Pittsburgh im Jahr 2009 wurde beschlossen, Subventionen für fossile Energieträger nicht weiter zu verlängern, was 2016 auf einem weiteren Gipfel noch einmal bekräftigt wurde. Selbst in den Zielen der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung findet sich der Abbau ineffizienter Subventionen für fossile Energieträger als ein Teilbereich von Ziel 12 („verantwortungsvoller Konsum“) wieder. Geändert hat sich seitdem aber fast nichts.

Subventionen im Energiesektor

Der Energiesektor profitiert Jahr für Jahr von klimaschädlichen Subventionen in extrem großem Umfang. Beispielsweise werden viele Unternehmen von der Strom- und Energiesteuer befreit. So müssen das produzierende Gewerbe und die Land- und Forstwirtschaft nur 75% der Regelsteuersätze bezahlen (Kosten: ca. 1,2 Mrd. €) und manche besonders energieintensiven Prozesse, zum Beispiel in der Metallerzeugung oder in der Glas- und Keramikindustrie, sind gleich komplett von der Steuer befreit (Kosten: ca. 1,3 Mrd. €).

Und auch bei der Ökosteuer, die als Aufschlag auf die Strom- und Energiesteuer erhoben wird, gibt es für Unternehmen im produzierenden Gewerbe Schlupflöcher. Zeitgleich mit der Einführung dieser Steuer wurden nämlich die Rentenbeiträge gesenkt. Übersteigen jetzt aber die Kosten aus der Ökosteuer die Entlastungen bei den Rentenversicherungsbeiträgen, können betroffene Firmen 90% der Differenz zurückerstattet bekommen (Kosten: ca. 1,7 Mrd. €).

Eine weitere Form der Subvention stellen die Rabatte bei der EEG-Umlage für stromintensive Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau dar. Je nach Stromverbrauch und -intensität wird die Umlage immer kleiner, wodurch der Anreiz, energieeffizient zu produzieren, natürlich gerade bei den besonders klimaschädlichen Unternehmen ziemlich klein und unbedeutend ausfällt. Eine ähnliche Vergünstigung existiert zwar auch für Zugunternehmen, die machen aber nur einen kleinen Teil der begünstigten Firmen aus. Durch diese Regelung entgehen der Bundesregierung jährlich Einnahmen in Höhe von ca. 5,4 Milliarden Euro.
Außerdem können Unternehmen mit einem hohen Energieverbrauch viel Geld bei den sogenannten Konzessionsabgaben sparen. Konzessionsabgaben sind Gebühren, die Städte und Kommunen von den Betreiberfirmen der Strom- und Gasnetze für die Nutzung des öffentlichen Raums erheben können. Die Abgaben dürfen aber nicht über bestimmte rechtlich zulässige Höchstwerte hinausgehen, und diese Höchstwerte sind bei Energielieferungen an Sondervertragskund*innen mit einem hohen Verbrauch extrem niedrig angesetzt. Das bedeutet, dass energiehungrige Firmen auch hier wieder in besonderem Umfang entlastet werden (Kosten: ca. 3,9 Mrd. €).

Und damit sind wir dann bei der Kohle angekommen: Bis zum endgültigen Ausstieg Deutschlands aus der Steinkohleförderung im Jahr 2018 gab es von der Bundesregierung massive Absatzhilfen für die im internationalen Vergleich sehr teure deutsche Steinkohle. Im Jahr 2012 waren das mehr als 1,7 Milliarden Euro, was bei 17.600 Beschäftigten einen Satz von knapp 100.000 Euro pro Arbeitsplatz ergibt. Ein ähnliches Verhältnis bestand auch noch 2015 mit ca. 1,1 Milliarden Euro für 9.600 Beschäftigte. Der Steinkohleabbau ist jetzt zwar Geschichte, aber der Braunkohleabbau wird auch noch heute gefördert, zum Beispiel durch eine Freistellung von der Förderabgabe für Bodenschätze oder das Privileg kostenfreier Wassernutzung (Kosten: ca. 0,3 Mrd. €). Außerdem profitieren „ortsfeste Anlagen zur Stromerzeugung“, also zum Beispiel Kohlekraftwerke, von Vergünstigungen bei der Energiesteuer, was sich die Bundesregierung jedes Jahr 1,8 Milliarden Euro kosten lässt.

Subventionen im Verkehrssektor

Im Verkehrssektor geht es genauso weiter, denn klimaschädliche Subventionen sind auch hier an der Tagesordnung. Am wahrscheinlich bekanntesten ist das Dieselprivileg: Während Benzin im Rahmen der Energiesteuer mit 65 Cent pro Liter besteuert wird, sind es bei Diesel nur 47 Cent. Durch den kleineren Verkaufspreis sinkt dann auch noch die Mehrwertsteuer, sodass sich ein Preisunterschied von fast 22 Cent pro Liter ergibt. Durch diese Vergünstigung entgehen der Bundesregierung Einnahmen von etwa 8,2 Milliarden Euro pro Jahr.

Eine weitere Subvention ist die Pendler*innenpauschale (Kosten: ca. 5,1 Mrd. €). Pro gefahrenem Kilometer auf dem Weg zur Arbeit lassen sich 30 Cent des Einkommens von der Steuer absetzen (ab dem 21. Kilometer sogar 35 Cent). Das ist für Menschen mit geringem Einkommen, die sich keine Wohnung in Stadtnähe leisten können, zwar zur Abfederung sozialer Härten vertretbar, allerdings profitieren genau diese am wenigsten von der Regelung. Denn je geringer das Einkommen und damit der Grenzsteuersatz, desto kleinere Auswirkungen hat eine Verringerung des zu versteuernden Einkommens auf den tatsächlichen Steuerbetrag. Außerdem kann die Pauschale zwar unabhängig von der Wahl des Verkehrsmittels geltend gemacht werden, sodass auch Bahnfahrer*innen profitieren, allerdings können sie maximal 4500 Euro im Jahr absetzen, während Autofahrer*innen keine solche Grenze zu beachten haben. Nach Berechnungen des Spiegels ist das Autofahren daher ab einem Arbeitsweg von 61 Kilometer nicht nur bequemer, sondern auch steuerlich attraktiver.

Steuervorteile gibt es außerdem auch noch für die private Nutzung von Dienstwagen. Normalerweise würde darauf die Einkommenssteuer anfallen, sodass festgestellt werden müsste, wie hoch der geldwerte Vorteil durch die private Nutzung eigentlich ist. Um Bürokratie zu verringern, wird aber pauschal ein Prozent des Fahrzeugpreises pro Monat angesetzt. Dadurch spielt es finanziell keine Rolle mehr, wie oft der Wagen genutzt wird und das Autofahren wird attraktiver. Außerdem ist die Pauschale in den meisten Fällen geringer als der tatsächlich entstandene Vorteil, sodass für den Bund Verluste von ca. 4,4 Milliarden Euro pro Jahr entstehen.

Sehr viel Geld fließt auch in den Flugverkehr, zum Beispiel ca. 8,3 Milliarden Euro für die Befreiung von Kerosin von der Energiesteuer. Außerdem sind internationale Flüge von der Mehrwertsteuer befreit (Kosten: ca. 4,2 Mrd. €). Die Mehrwertsteuer für die gesamte Strecke zu erheben ist rechtlich schwierig und bedarf einer internationalen Einigung, aber zumindest für den innerdeutschen Anteil wäre das sofort möglich, genauso wie es zum Beispiel auch bei Zugfahrten schon gemacht wird. Durch den Verzicht auf solche Maßnahmen wird das Fliegen im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln attraktiver und nimmt im Verkehrsmix immer weiter an Bedeutung zu.

Subventionen in der Landwirtschaft

Jedes Jahr fließen im Rahmen der EU-Agrarförderung fast 5 Milliarden Euro an Direktzahlungen an deutsche Landwirt*innen. Und immer wieder setzte sich die Bundesregierung dafür ein, diese Gelder an möglichst lasche Umwelt- und Klimaschutzstandards zu binden. Und so geht sie auch mit den eigenen Geldern vor: Durch eine Steuervergünstigung für Agrardiesel und die Befreiung landwirtschaftlicher Fahrzeuge von der Kfz-Steuer entgehen ihr zum Beispiel fast eine halbe Milliarde Euro.

Das Umweltbundesamt kritisiert außerdem, dass klimaschädliche Lebensmittel wie Fleisch, Käse oder Milch nur mit dem verringerten Mehrwertsteuersatz von 7% belegt sind. Mit einer Erhöhung auf den regulären Satz von 19% ließen sich Einnahmen von mindestens 5,2 Milliarden Euro generieren und der Konsum von Fleischprodukten um immerhin zwei bis sieben Prozent reduzieren.

Fazit

Deutschland ist ein reiches Land. Das Geld, mit dem effektive Klimaschutzmaßnahmen finanziert werden könnten, wird nur leider für das genaue Gegenteil ausgegeben. Und das kommt uns doppelt teuer zu stehen, denn nach den klimaschädlichen Subventionen muss ja irgendwann auch noch die Bekämpfung der dadurch entstandenen Schäden finanziert werden. Deswegen müssen diese Subventionen sofort gestoppt und im Gegenzug mehr Gelder für die Bekämpfung der Klimakrise bereitgestellt werden. Denn Geld wäre da, nur die Zeit wird langsam knapp.

Dieser Text basiert auf einem Beitrag dem „Klimareport“, einer initiative der Fridays for Future-Ortsgruppe Ingolstadt. Wenn er euch gefallen hat, könnt ihr ihn auf Telegram oder WhatsApp abonnieren.

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